Der Vergabetag Baden-Württemberg ist eine Veranstaltung der INGBW, der Architektenkammer Baden-Württemberg, des Städtetags und des Landkreistags Baden-Württemberg, der GHV Gütestelle Honorar- und Vergaberecht, des VBI Verband Beratender Ingenieure BW und des Staatsanzeigers. Der Vegabetag richtet sich an Planer, Architekten und Ingenieure sowie an die Vertreter von Behörden auf kommunaler, Landkreis- und Landesebene, die mit Vergabe befasst sind.
Die Referenten des 12. Vergabetags kamen allesamt zu demselben Schluss: Wettbewerbe bieten den Auslobern eine maximale Auswahl an innovativen Lösungen, ohne dass dies zu höheren Kosten führen muss.
Ministerialdirektor Rolf Schumacher betonte in Vertretung des Schirmherren, Finanz- und Wirtschaftsminister Dr. Nils Schmid, Deutschland und Baden-Württemberg brauche eine gute Wettbewerbskultur. Die staatliche Hochbauverwaltung habe in den vergangenen 15 Jahren 40 Wettbewerbe ausgelobt "Wettbewerbe helfen Ideen und Technologien zu fördern", sagte Schumacher. Sie sollten insbesondere jungen Architekten und Ingenieuren den Zugang zu den Märkten erleichtern. Gleichzeitig warb er dafür, dass Architekten und Ingenieure gegenüber den Auslobern mehr "Kompromissbereitschaft" zeigen sollten. Auftraggebern sei schwer zu vermitteln, dass sie das Bauvorhaben zwar finanzierten, aber auf die Planungen kaum Einfluss haben könnten, da nach der neuen Richtlinie für Planungswettbewerbe Abweichungen von der prämierten Wettbewerbsarbeit nicht mehr gestattet sind.
Der Baubürgermeister der Stadt Ulm, Alexander Wetzig, beklagte, bei einer Quote von 10 bis 15 Prozent gebe es in Deutschland insgesamt zu wenig Wettbewerbe. Offene Wettbewerte seien "quasi ausgestorben". Es herrsche in den Kommunen das weit verbreitete Vorurteil "zu teuer, zu aufwendig". Offenbar stehe das "Ringen um die beste Lösung nicht im Vordergrund in den politischen Gremien", vielmehr herrsche das "Prinzip der Risikominimierung anstelle der Ideenmaximierung". Zugleich seien die Leistungsforderungen, die die Kommunen von den Planern abforderten, viel zu hoch. Wetzig plädierte dafür, die Verfahren "einfacher zu machen". Den Kommunen gebe er den Rat: "Tu es! Mach es einfach! Fürchte Dich nicht, habe keine Angst vor Kontrollverlust. Vertraue auf die Kompetenz Deiner Berater."
Der Präsident der Architektenkammer BW, Dipl.-Ing. Wolfgang Riehle, trat insbesondere der zum Teil verbreiteten Annahme entgegen, dass Wettbewerbe allgemein zu Kostensteigerungen führten. "Die Ursachen liegen nicht im Wettbewerbsverfahren", sagte Riehle. Typische Ursachen seien vielmehr unzureichende Planungsvorbereitungen, steigende Ansprüche und lange Entscheidungszeiträume von Seiten der Auftraggeber. Deshalb brauche es eine fundierte Vorbereitung der Verfahren als Voraussetzung für eine kostengenaue und termingerechte Realisierung. Von einer frühen Nennung voraussichtlicher Gesamtbaukosten riet Riehle ab. "Es ist wissenschaftlich erwiesen, im Ergebnis liegen die wirtschaftlichsten Lösungen vorne", betonte er.
Der Vizepräsident des Schweizerischen Ingenieur- und Architektenvereins SIA, Dipl.-Ing. Daniel Meyer, Bauingenieur ETH SIA SWB, beschrieb die Praxis der Ingenieurwettbewerbe in der Schweiz, die es in Deutschland in dieser Form nicht gibt. Unter anderem betonte er, dass der Angebotspreis nicht bewertet werde und die Anonymität im gesamten Verfahren gewahrt bleibe. In der Schweiz wird laut Meyer jeder einzelne Wettbewerb durch den SIA auf Wunsch dessen Mitglieder geprüft. Die Mitglieder zahlen zu diesem Zweck die dafür notwendigen Strukturen, die von rund 100 Personen ausgefüllt werden.
INGBW-Wettbewerbsexperte Dipl.- Ing. Andreas Herrmann strich die Vorteile von interdisziplinären Wettbewerben für Bauherren, Architekten und Ingenieure heraus. Bei hochwertigen Gebäuden sei bereits in der frühen Phase eine interdisziplinäre Planungsleistung erforderlich. Dies biete sich bei Sportstätten, Hallentragwerken, Hochhäusern, Kulturbauten aber auch bei Krankenhäusern, Schulen und Verwaltungsbauten an. Die Bauherren profitierten von einer höheren Kosten- und Terminsicherheit, da die technische Umsetzbarkeit der Wettbewerbslösungen gegeben sei. Bislang würden allerdings weniger als 10 Prozent der Wettbewerbe interdisziplinär ausgeschrieben, sagte Herrmann. Ungerechtfertigter Weise gälten sie als teurer, da das Preisgeld auf Architekten und Ingenieure aufgeteilt werde. Dies sei aber nicht der Fall, da ja das Preisgeld im VOF-Verfahren verrechnet werde.
Laut Dipl.-Ing. Gerd Grohe, Freier Architekt BDA, sind Wettbewerbe für die Auftraggeber generell um bis drei bis sieben Prozent günstiger als VOF-Verfahren. Er riet Vertretern aus Verwaltungen und Gemeinderäten dazu, die Möglichkeit einer Hospitanz bei Wettbewerbsverfahren wahrzunehmen, um sich so ein eigenes Bild zu machen.
Der Geschäftsführer der GHV Gütestelle Honorar-und Vergaberecht, Dipl.-Ing. Peter Kalte, fasste zusammen, was hinsichtlich Wettbewerb und VOF zu beachten ist. Rechtsanwalt Michael Wiesner erläuterte zudem das Forschungsvorhaben des BMVBS zu Aufwendungen von Wettbewerben.
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