STUTTGART. Der Präsident der Ingenieurkammer Baden-Württemberg, Dipl.-Ing. Rainer Wulle, erklärt heute zur Studie des Deutschen Instituts für Wirtschaftsförderung (DIW) in Berlin:
"Es ist nicht nachvollziehbar, wie das DIW zu der Erkenntnis gekommen ist, dass derzeit kein Ingenieurmangel bestünde und auch in Zukunft nicht bestehen würde. Aus Sicht der Ingenieure ist dies falsch.
Im Februar waren laut VDI- und IW-Studie 105.700 freie Ingenieurarbeitsplätze in Deutschland nicht besetzt. Noch nie waren so viele Stellen offen.
Als Präsident der Ingenieurkammer Baden-Württemberg und als Inhaber mehrerer Büros weiß ich, dass der Ingenieurmangel groß ist, insbesondere in unserem Bundesland. Seit drei Jahren fehlt in Baden-Württemberg in allen Bereichen des Ingenieurberufs Nachwuchs. Dies wird allein schon dadurch deutlich, dass unsere Mitgliedsbüros große Probleme haben, freie Stellen durch geeignete Ingenieure zu besetzen. Das hören wir als Kammer täglich.
Die Anfangsgehälter der Jung-Ingenieure, die in den letzten drei Jahren um über tausend Euro angestiegen sind, belegen diesen Mangel. Im Baubereich klagen unsere Mitgliedsfirmen zudem darüber, dass seit drei Jahren keinerlei Initiativbewerbungen von Absolventinnen und Absolventen mehr in den Ingenieurbüros eintreffen.
Die Ingenieurkammer Baden-Württemberg ist im ständigen Dialog mit der Politik, um weitere Studienplätze und auch neue Ingenieurstudiengänge einzurichten, beispielsweise an der Dualen Hochschule Mosbach.
Außerdem ist es uns ein großes Anliegen, die nach wie vor hohe Abbrecherquote von etwa 35 Prozent in den Ingenieurfächern zu bekämpfen. Dafür haben wir ein Patenprogramm bei den Bau-Studiengängen ins Leben gerufen, das wir in diesem Jahr an allen Universitäten und Hochschulen im Land etablieren wollen. Das Programm bietet studienrelevante Arbeitsplätze in Ingenieurbüros bei gleichzeitiger Begleitung der Studierenden durch Mentoren (=Paten) aus der Praxis.
Um unseren wirtschaftlichen Erfolg und den Wirtschaftsstandort Baden-Württemberg zu sichern, brauchen wir dringend Ingenieurinnen und Ingenieure. Die DIW-Studie gibt ein fatales Signal ab gegenüber Jugendlichen, die den Ingenieurberuf ergreifen möchten. Doch gerade diese müssen wir ermuntern, denn allein schon durch den demografischen Wandel und die schon heute absehbare Pensionierungswelle in den Ingenieurberufen brauchen wir deutlich mehr Nachwuchs."