Von links: INGBW-Kammerpräsident Dipl.-Ing. Rainer Wulle; Bernfried Glück, Vorsitzender BTBkomba Baden-Württemberg und INGBW-Hauptgeschäftsführer Daniel Sander M.A.
STUTTGART. Die Ingenieurkammer Baden-Württemberg (INGBW) wendet sich heute gemeinsam mit der BTBkomba, Gewerkschaft für öffentliche Dienstleistungen, Technik und Naturwissenschaften Baden-Württemberg e.V., in einem offenen Brief an Ministerpräsident Kretschmann MdL.
Der Präsident der Ingenieurkammer, Dipl.-Ing. Rainer Wulle betont heute in Stuttgart: "Beratende Ingenieure haben ein großes Interesse daran, dass weiterhin fach- und sachkundige Ingenieurinnen und Ingenieure auf Vergabeseite arbeiten."
Konkret fordern die beiden Organisationen in dem gemeinsamen Schreiben an Ministerpräsident Winfried Kretschmann, dass hierfür auf Landesebene - gerade angesichts des aktuellen Fachkräftemangels mit derzeit knapp 20.000 vakanten Stellen in allen Ingenieurdisziplinen in Baden-Württemberg - bessere Rahmenbedingungen geschaffen werden, um Ingenieurinnen und Ingenieure für den öffentlichen Dienst zu gewinnen bzw. Abwanderungen zu verhindern. Insbesondere die Anfangsbesoldung müsse attraktiver werden.
Hintergrund ist die aktuell geplante Absenkung der Besoldung in Baden-Württemberg in den Ein-gangsämtern ab der Besoldungsgruppe A 9 um vier Prozent bzw. acht Prozent. Bernfried Glück, Vorsitzender BTBkomba Baden-Württemberg, sagt: "Diese Absenkung lehnen wir ab. Weiter fordern wir mehr berufliche Entwicklungsmöglichkeiten/Beförderungsmöglichkeiten sowie die Ab-schaffung der Stellenbefristungen in den technischen Verwaltungen des Landes und der Kommunen, um die Attraktivität des öffentlichen Dienstes für diese Berufsgruppen deutlich zu verbessern."
Der Hauptgeschäftsführer der INGBW, Daniel Sander, ergänzt: "Auf Landesebene sollte entsprechend den aktuellen Gepflogenheiten auf Bundesebene agiert werden können. Dort besteht nach dem Fachkräftegewinnungsgesetz die Möglichkeit, bei ingenieurwissenschaftlichen Studiengängen das Eingangsamt auf A 11 anzuheben. Dies sollte auch für die Landesbehörden in Baden-Württemberg möglich sein."
Kammer und Gewerkschaft befürchten, dass durch einen Mangel an Ingenieurinnen und Ingenieuren im öffentlichen Dienst mittel- und langfristig ein Mangel an technischer Kompetenz in der öffentlichen Verwaltung entsteht. Rainer Wulle betont: "Technischer Sachverstand ist jedoch unerlässlich, gerade auf der Seite der öffentlichen Hand als Auftraggeber von Bauvorhaben aller Art."
Der Präsident der INGBW erklärt, dass bei Auftragsvergaben gewährleistet werden müsse, dass sowohl die Ausschreibung als auch die Prüfung der Angebote mit Ingenieurkompetenz durchgeführt werden. Dies gelte ebenso bei Störungen oder Änderungen im Bauablauf. Wulle: "Der Beratende Ingenieur braucht ein adäquates Gegenüber, das heißt, qualifizierte Ingenieure in der Bauverwaltung. Als Kammer haben wir dies bereits mehrfach gefordert. Mit der Gewerkschaft BTBkomba haben wir nun einen Partner gefunden, der unsere Besorgnis teilt."
In einem gemeinsamen Statement bekräftigen INGBW und BTBkomba daher die Dringlichkeit ihres Anliegens: "Es kann nicht sein, dass in Schlüsselpositionen der Vergabe fachfremde Personen Aufträge bewerten oder vergeben. Es muss gewährleistet sein, dass sicherheitsrelevante Entscheidungen, die Leib und Leben von Menschen betreffen, nur von qualifizierten Ingenieurfachleuten getroffen werden."