"Angesichts des eklatanten Fachkräftemangels insbesondere in den Ingenieurberufen muss die Überprüfung ausländischer Abschlüsse deutlich erleichtert werden. Zuletzt hat sich die Ministerpräsidentenkonferenz unter dem Vorsitz von Ministerpräsident Winfried Kretschmann in diesem Sinne für einheitliche Standards ausgesprochen. Umso unverständlicher ist es, dass in Baden-Württemberg für die Überprüfung ausländischer Ingenieurabschlüsse nicht wie in den meisten anderen Bundesländern die entsprechende Berufskammer zuständig sein soll, sondern weiterhin die vier Regierungspräsidien", sagt Sander.
Dass weiterhin fünf unterschiedliche Anlaufstellen für Ingenieure zuständig sein sollen – neben den vier Regierungspräsidien prüft die Ingenieurkammer Baden-Württemberg bereits jetzt die Abschlüsse von "Beratenden Ingenieuren" - , sei schlicht realitätsfern. "Warum sollten weiterhin fachfremde Behördenmitarbeiter zuständig sein und nicht die Ingenieurkammer? Die Ingenieurkammer ist doch eigens vom Gesetzgeber als die für alle Ingenieure zuständige Kammer eingerichtet worden. Schon jetzt kommen die ausländischen Ingenieure, wenn es berufliche Belange wie die Anerkennung der Abschlüsse geht, zuerst zu uns. Denn in den meisten anderen Bundesländern wird dies auch so gehandhabt. Deshalb wäre es auch nicht die richtige Lösung, wenn nur ein Regierungspräsidium für alle Ingenieure zuständig wäre", betont Sander.
Mit der Begründung, warum die Landesregierung eine Änderung des Verfahrens ablehnt, will sich die Ingenieurkammer Baden-Württemberg nicht zufrieden geben: "Wir wundern uns, dass es die Landesregierung offenbar nicht interessiert, dass sich zahlreiche Verbände wie Südwestmetall, der Landesverband der Baden-Württembergischen Industrie, der Städtetag, der Beamtenbund Baden-Württemberg, der Baden-Württembergische Handwerkstag, die Architektenkammer und die meisten Ingenieurverbände dafür aussprechen, die Ingenieurkammer für die Abschlussanerkennung einzusetzen", sagt Sander. "Aus Regierungskreisen vernehmen wird stattdessen, dass für die Landesregierung nur Wille eines einzigen Verbands zählt – dem des Vereins Deutscher Ingenieure. Dabei ist doch hinlänglich gekannt, dass der VDI aus Kompetenzneid sämtliche Kammer im Bundesgebiet bekämpft. Sachliche Gründe spielen dabei keine Rolle. Wir fordern die Landesregierung auf, diesem unsachlichen Lobbyismus nicht nachzugeben, sondern nach rein sachlichen Argumenten zu entscheiden, im Sinne der ausländischen Fachkräfte."
Angesichts der notwendigen Stelleneinsparungen in den Regierungspräsidien würde ein spürbarer Beitrag zur Entbürokratisierung geleistet, wenn die INGBW die Überprüfung der Ingenieurabschlüsse ganz übernehme. Die INGBW wird bereits seit Jahren von den Regierungspräsidien in die Anerkennungsverfahren miteinbezogen. "Unsere Fachleute sind studierte Ingenieure und unabhängig. Wir haben zudem jahrelange Erfahrung bei der Anerkennung ausländischer Berufsabschlüsse von Ingenieuren sämtlicher Fachrichtungen", betont Sander.
In elf Bundesländern sind die Ingenieurkammern bereits für die Prüfung ausländischer Ingenieurabschlüsse zuständig. In Baden-Württemberg ist die Architektenkammer mit der Anerkennung der Abschlüsse ausländischer Architekten seit Jahren betraut. "Unsere Forderung ist andernorts in Deutschland und in Baden-Württemberg für andere Berufsgruppen bereits gängige Praxis", betont Sander. "Die Anerkennung ausländischer Abschlüssen hätte auch keinesfalls eine Ausweitung der gesetzlichen Mitgliedschaft in der Ingenieurkammer zur Folge", sagt Sander.